Beim Flohmarkt: Der Tianguis in Cholula
rolf-kohler.de – Mein Leben in Mexiko
Mexiko ist bekannt für seine zahlreichen, farbenfrohen und belebten Flohmärkte. Einer davon ist der Tianguis in Cholula, der hier sonntags regelmäßig stattfindet.
Heute mache ich mich mit meinem Nachbarn Rolf Seul – also dem zweiten Mexiko-Rolf hier in der Region – auf den Weg zum besagten Tianguis. Das letzte Mal, als ich hier war, war vor der Pandemie. Seither hatte der Markt unter den Folgen der Pandemie zu leiden. Inzwischen ist hier aber das Leben wieder zurückgekehrt. Einige der Marktbesucher tragen zwar noch Masken, im Wesentlichen zeigt sich jedoch wieder das bunte und lebendige Bild wie vor der Pandemie.
Hier findet man einfach alles, oder noch mehr
Früher hatten mich Floh- und Straßenmärkte nie interessiert. Das hat sich aber in Mexiko völlig geändert. Ich liebe es, zuzuschauen, wie hier das Leben stattfindet. Auf diesem Markt findet man einfach alles – vom ausgeschlachteten Vergaser eines Motors bis hin zum nagelneuen Sternenteleskop. Eigentlich suche ich heute nach nichts, sondern begleite einfach meinen Nachbarn Rolf, der für seine Bastelwerkstatt zu Hause wieder auf der Suche nach etwas Metallwaren ist. Rolf ist sehr häufig auf dem Markt, er ist den Leuten dort schon bekannt. Ich genieße einfach die Art, wie Rolf sich mit den Leuten unterhält. Er hat ein geschicktes Verhandlungstalent und bekommt letztendlich das, nach dem er gesucht hat: Zwei rostige alte Schraubenschlüssel. Was immer Rolf damit auch anstellen will: Er macht etwas daraus, zu Hause in seiner Werkstatt.
Es ist so einfach, Menschen hier glücklich zu machen
Die Atmosphäre am Tianguis ist einfach bezaubernd. Es lohnt sich wirklich, einfach nur zum Zuschauen herzukommen. Wir kommen an einem Stand vorbei, der Rucksäcke anbietet. Erst gestern waren wir in der Stadt auf der Suche nach einem stabilen, etwas geräumigeren Rucksack. Allerdings hat uns der Preis der Markenrucksäcke vom Kauf abgehalten.
Hier sehe ich einen weinroten Rucksack in genau der Größe, die passt. Ich frage nach dem Preis. „250 Pesos“, sagt ein kleiner Junge, der den Stand mitbetreut. Das sind 12 Euro. Rolf meint: „200!“ Der kleine Junge, ganz enttäuscht, sagt: „No puedo, señor!“ – „Ich kann das für den Preis nicht.“
Ich habe dann gesagt, dass 250 Pesos völlig in Ordnung sind und zahle mit einem 500-Peso-Schein. Der Kleine schaut den Schein an, kann es kaum fassen, und sagt mir dann, dass er erst Wechselgeld besorgen muss. Das dauert dann wirklich 10 Minuten, dann kommt er völlig außer Atem zurück, gibt mir das Wechselgeld und strahlt immer noch. Man sieht, wie man die Leute hier glücklich macht, indem man die Dinge von ihnen kauft. Alleine deswegen bin ich so gerne hier. Solche Freude bei den Menschen sieht man im Supermarkt nicht. Das gibt es nur hier, am Tianguis.
Rolf und ich machen uns wieder auf den Heimweg. Er freut sich, seine beiden rostigen Schraubenschlüssel erworben zu haben, und ich freue mich, den Leuten am Markt eine Freude gemacht zu haben. Und nebenbei, ganz klar, bin ich mit dem Rucksack bestens zufrieden. Ein wundervoller Sonntagmorgen.
Das muss man alles persönlich erleben, um es zu verstehen und genießen 😊